Frühtherapieprogramm
Bremer Frühtherapieprogramm Autismus (BFA)
Das IFA bietet das BFA seit 2018 als reguläres Angebot für Familien mit jungen Kindern mit Autismus überwiegend im Raum Norddeutschland an. Zweimal jährlich (im März und im September) beginnen Programme mit jeweils 2 bis 4 Familien. Die Förderung der Kinder findet in der Familie zu Hause statt, die Schulungskurse für Eltern und Ko-Therapeuten an der Jacobs University Bremen.
Ziel ist es, auch Kindern mit Autismus das Lernen in allen Alltagssituationen zu ermöglichen – wie es normal entwickelte Kinder jeden Tag tun. Daher werden zunächst in Einzellernsituationen alle Voraussetzungen für das Lernen aufgebaut, die Kindern mit Autismus oft fehlen: Aufmerksamkeit, Imitation, basales Arbeitsverhalten. Für jedes Kind wird eine individuelle Lernplanung für alle Entwicklungsbereiche erstellt. Wichtigste Methode ist das sog. „Discrete Trial Learning“, das in Einzellernsituationen auch bei Lernschwierigkeiten und Aufmerksamkeitsstörungen zu sehr guten Lernerfolgen führt. Außerdem werden Methoden des Natural Learnings, Pivotal Response Trainings, Präzisionslernens auf das Kind abgestimmt eingesetzt. Inhaltlich orientieren sich die Lernziele an den Meilensteinen der normalen Entwicklung. Es werden speziell strukturierte Lernprogramme für alle Bereiche des Frühfördercurriculums erstellt, so dass sie von Eltern und Ko-Therapeuten gut durchführbar sind.
Wegen massiver Interaktions-, Kommunikationsstörungen, extremer Verhaltensexzesse und („autistischem“) Rückzug ihres Kindes aus der Lebenswelt in eine eigene „autistische Welt“ verlieren die Eltern immer mehr ihr Selbstvertrauen im Umgang mit dem Kind. Aus anfänglicher Angst und Unsicherheit der Eltern wird Enttäuschung, Frustration, oft sogar Verzweiflung. Ziel unseres Programms ist es, diesen Teufelskreis so früh wie möglich zu durchbrechen und bei den Eltern Kompetenzen auszubauen, damit sie ihr autistisches Kind verstehen und eine befriedigende Interaktion mit ihm aufbauen können. In den Kursen des Frühtherapieprogramms lernen sie die Grundprinzipien der Verhaltensanalyse und der Autismusspezifischen Verhaltenstherapie kennen. Sie wissen, wie sie in mit ihrem Kind lernen und neues erarbeiten können. Sie erleben sich so als selbstwirksam („Empowerment“). Gefühle der Hilflosigkeit, Resignation oder sogar Depression werden abgebaut. Ein wichtiger Langzeiteffekt eines Frühtherapieprogramms, da autistische Kinder in der Regel lebenslang auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen sind!
Die Therapie findet in diesem Programm ausschließlich im Elternhaus statt („home based program“). Die bislang gestörte Interaktion wird hier – wie bei jungen gesunden Kindern – zur zentralen Lernsituation, an der die Kinder große Freude entwickeln. Neu ist auch der Ansatz, das soziale Umfeld in das Programm zu integrieren. Das heißt Personen, die ebenfalls mit dem Kind umgehen (Großeltern, Geschwister, Verwandte, Nachbarn, Erzieherinnen, Therapeuten etc.) werden angeleitet und unterstützt. Situationen, in denen das Kind im Alltag lernt (Spielplatz, Schwimmbad, Kindergarten, Straße, Verkehr etc.) werden neu strukturiert.
Ablauf
Das Bremer Frühtherapieprogramm dauert 6 Monate, kann jeweils um weitere 6 Monate verlängert werden. Oft ist eine Therapie bis zum Schulalter sinnvoll.
Das BFA besteht aus 9 Bausteinen:
Voraussetzung für die Teilnahme der Kinder ist eine vorliegende Autismusdiagnose. Bei der Untersuchung im IFA werden die Ausprägung der autistischen Störung, Verhaltensprobleme und der momentane Entwicklungsstand mit verschiedenen standardisierten Testverfahren erhoben. Ein vom IFA speziell entwickeltes Verhaltensbeurteilungssystem gibt Auskunft darüber, in welchem Entwicklungsbereich welches Verhalten zunächst eingeübt werden sollte. Hierzu werden dann spezielle Lernprogramme entwickelt.
Es finden 3 zwei-tägige Workshops aller Eltern und Ko-Therapeuten an der Jacobs University statt, in denen die Grundlagen der Autistischen Störung, das neurobiologische Erklärungsmodell erläutert und die Eltern und Ko-Therapeuten in die Methode AVT eingeführt, der Anwendung therapeutischer Strategien, den Techniken zum Auf- und Abbau von Verhalten trainiert werden.
In 2-monatigem Abstand finden Haustrainings statt. Hier wird eine angemessene Lernsituation mit dem Kind hergestellt, Verhaltensprobleme analysiert und werden die Therapeuten und Eltern in die Lernprogramme mit dem Kind eingearbeitet.
Nach dem 1. Workshop und dem 1. Haustraining arbeiten die Eltern und Ko-Therapeuten für insgesamt 6 Monate 25 Stunden in der Woche therapeutisch in der Einzellernsituation mit dem Kind (6 Tage, je 2 h morgens, 2 h nachmittags). Jedes Kind erhält dabei etwa 8 Lernprogramme zu verschiedenen Entwicklungsbereichen. In den ersten Monaten werden vor allem die Voraussetzungen für das Lernen, wie Aufmerksamkeit, Blickkontakt, Imitation, Sprachverständnis trainiert. Später erhält das Kind Programme zum Aufbau von Sozialverhalten, Spielverhalten, Sprache, Selbstständigkeit etc.
Eltern und Ko-Therapeuten treffen sich 14-tägig zu Teamsitzungen. Hier werden aktuelle Programme besprochen, neue Programme eingeführt, Hinweise des Supervisors umgesetzt.
Haustherapie Junior. 14-tägig werden die Eltern und Ko-Therapeuten vom Junior Supervisor beraten und supervidiert.
Im Abstand von 2 Monaten werden schwierige Alltagssituation von den Eltern videografiert und gemeinsam mit dem Trainer analysiert. Positive Kontaktelemente werden herausgearbeitet und gezielt verstärkt. Die Eltern erwerben Strategien, in alltäglichen Problemsituationen adäquat und kompetent mit dem Kind umzugehen und gelungene Interaktionen aufzubauen, so dass Problemverhalten reduziert wird.
Diese erfolgt in regelmäßigen Telefonaten (wöchentlich bis 14-tägig) der Supervisoren mit den Eltern, in denen die Lernerfolge und –schwierigkeiten anhand der Datenblätter analysiert werden, Programm adaptiert, modifiziert, neue Programme eingeführt werden.
Alle 2 Monate finden Expertentreffen statt, in denen therapeutisch relevante Situationen anhand von Videoaufnahmen analysiert werden, Programmmodifikationen vereinbart werden.
Ihr Weg zu uns
Voraussetzungen
- Alter des Kindes: 2 bis 6 Jahre
- Vorliegen der Diagnose „Autismus-Spektrum-Störung“)
- Bereitschaft, die Therapie mit dem Kind in der Familie durchzuführen
Nehmen Sie Kontakt zu uns auf
- Wir führen zunächst ein orientierendes Telefonat mit Ihnen
- Schreiben Sie uns, was Ihnen bei Ihrem Kind derzeit auffällt, an welchen Punkten Sie sich Hilfe wünschen, welche Ziele Sie also haben
- Senden Sie uns den Diagnose-Bericht Ihres Kindes
Bei einem Termin mit Ihnen und Ihrem Kind im IFA lernen wir Sie kennen und besprechen die Programmdetails.
Sie stellen einen Antrag auf Kostenübernahme bei dem regionalen Kostenträger (Unterstützung durch das IFA möglich)
Sie suchen ein Team von 4 Ko-Therapeuten, die Ihre Familie unterstützen (Unterstützung durch das IFA)
Weitere Frühtherapieprogramme
Hier finden Sie weitere Therapiemöglichkeiten, Informationen und Kontaktmöglichkeiten
Das Potsdamer Elterntraining zur Frühförderung von Kindern mit Autismus begleitet Eltern betroffener Kinder im Alter von 2–6 Jahren wurde in Anlehnung an das BET konzipiert und wurde vom IFA wissenschaftlich begleitet.
Das PEFA hat das Ziel, die Eltern durch ein intensives Elterntraining zu befähigen, ihr Kind optimal zu fördern, so dass sich eine optimale Lebensqualität für alle Familienmitglieder entwickeln kann. In einem dreijährigen von der Aktion Mensch und dem Oberlinhaus mit 350.000 Euro geförderten Projekt wurden die Familien von qualifizierten Trainern zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf zwei Tage, zu Hause angeleitet, mit ihrem Kind zu arbeiten. Zehn weitere Stunden verpflichteten sich die Eltern, das Kind alleine zu Hause zu fördern. Als Ergebnis der PEFA – Pilotstudie liegt jetzt ein evaluiertes Frühförderprogramm vor, das die „Machbarkeit“ eines intensiven Elterntrainings zu Hause aufzeigt, das sowohl praktikabel und flexibel ist, als auch von den Eltern weiter eingesetzt und entwickelt werden kann. Das Projekt wurde 2011 abgeschlossen, die Ergebnisse wurden ausgewertet und veröffentlicht.
Seit Oktober 2011 bieten die Oberlin Lebenswelten in Potsdam das PEFA in etwas modifizierter Form als Versorgungsangebot für betroffene Familien mit jungen autistischen Kleinkindern im Raum Brandenburg an.
Weitere Informationen: http://www.lebenswelten-oberlinhaus.de/informationen/beratung-und-foerderung/pefa-intensivtraining/
An der Fachhochschule Münster wurde 2009 unter Leitung von Prof. Dr. med. Hanns Rüdiger Röttgers das Frühinterventionsprogramm MIA (Münsteraner Intensivprogramm für Kinder mit ASS) aufgebaut, in das zentrale Elemente des BET eingeflossen sind.
Teams von 4–6 Studenten der Sozialarbeit, aber auch anderer Fächer wie Psychologie und Pädagogik, arbeiten unter der Supervision von approbierten Fachkräften und Absolventen des Masterstudiengangs Clinical Casework mit dem Schwerpunkt „Autismustherapie“ über sechs Monate mit autistischen Kindern im Vor- und Grundschulalter. Nach den Prinzipien der „Early Intensive Behavioural Intervention Programs“ werden verbale Sprache, Alltagsfähigkeiten, Selbstständigkeit, soziale Kompetenzen sowie (vor-)schulische Bildungsinhalte zunächst in einer 1:1-Situation eingeübt und dann im Lebensalltag der Kinder generalisiert. Die FH Münster kooperiert bei MIA eng mit dem Queen’s University Autism Research and Treatment Center in Nordirland und weiteren europäischen Hochschulen.
Das Programm wird ab 2015 in Trägerschaft des Münsteraner Autismus-Kompetenzzentrums des „Vereins zur Förderung wissenschaftlicher Interventionen bei Autismus-Spektrum-Störungen“ (www.wia-muenster.de) fortgeführt. Über das regionale Angebot hinaus werden auch Familien in anderen Städten durch Fachkräfte des Vereins unterstützt. Neben der Ausbildung von Studenten in autismusspezifischer Verhaltenstherapie und der Schulung von Eltern zu „Experten“ für das eigene Kind entstanden und entstehen an der FH Münster viele wissenschaftliche Abschlussarbeiten zu Themen der Versorgung und Therapie von Menschen mit ASS. Die erfreulichen Ergebnisse des MIA-Programms entsprechen denen ausländischer Zentren und belegen die auch langfristige Wirksamkeit verhaltenstherapeutischer Förderung.
Die „Frühe Förderung nach AVT“ richtet sich an Kinder, die einen Kindergartenplatz im Autismus-Zentrum Hannover haben sowie in Einzelfällen auch an Kinder in anderen Kindertagesstätten. Das Programm wurde in Kooperation mit dem IFA aufgebaut und bis 2018 vom IFA regelmäßig supervidiert. Auch hier erfährt jedes Kind ein intensives Einzeltraining im 1:1 Lernsetting, im Umfang allerdings von nur 20 Stunden pro Woche. Besonderheit ist, dass davon 10 Stunden im Kindergarten und 10 Stunden zu Hause in der Familie stattfinden. Das Programm wird für ein Jahr angeboten und im Rahmen der Eingliederungshilfe finanziert.