Evaluationsstudie
BET
Bremer Elterntrainigsprogramm
Ergebnisse des BET
Trotz der hohen Anforderungen des BETs an die Eltern war die Erfolgsquote hoch. 90% der teilnehmenden Eltern führten das Programm bis zum Schluss nach dem vorgegebenen Design vollständig durch. Auch die Kontrolle der Lernprozesse über Datennahme und Videodokumentation wurde eingehalten. Die Kinder machten deutliche Fortschritte in allen Entwicklungsbereichen. Gemessen mit dem PEP-R, einem Entwicklungstest speziell für autistische Kinder, betrug der durchschnittliche Entwicklungsfortschritt in den 6 Therapiemonaten 15 Monate, wobei einige Kinder sogar bis zu 27 Monate aufholen konnten! 70% der vorher nonverbalen Kinder lernten sprechen, meist sogar in ganzen Sätzen, die anderen lernten über PECS zu kommunizieren. Große Fortschritte wurden auch im Sprachverständnis, der Imitation (z.B. ein-, zwei-, mehrgliedrig), dem Sozialverhalten (z.B. Regelspiel, Rollenspiel, Emotionstraining) und der Selbstständigkeit (z.B. An-, Ausziehen, Waschen, Brot schmieren, Toilettengang, Schlafen, Spazieren gehen) erzielt. Problemverhalten der Kinder konnte deutlich reduziert werden. Etwa 50% der Kinder erreichten bis zur Einschulung das Funktionsniveau normal entwickelter Kinder – ein Ergebnis vergleichbar mit den Erfolgen der amerikanischen Effektivitätsstudien und Metaanalyse (Lovaas und Sallows; Graupner und Eikeseth).
Mit Unterstützung und Supervision durch das IFA konnten an einigen Standorten in Deutschland Frühtherapieprojekte entstehen, die inzwischen fest etabliert sind: das „Münsteraner Intensivprogramm Autismus“ (MIA, Münster) (Link zu dem Punkt auf unserer Homepage), das „Potsdamer Elterntraining zur Frühförderung autistischer Kinder“ (PEFA, Potsdam) (Link zu dem Punkt auf unserer Homepage, das Projekt: „Frühe Therapie nach AVT“ am THZ Hannover. (Link zu dem Punkt auf unserer Homepage
Ergebnisse
- Akzeptanz und Durchführbarkeit
Alle 12 Familien führten das Programm bis zum Ende durch. Es gab keine Therapieabbrüche, obwohl schon bei „normalen“, nicht-intensiven Elterntrainingsprogrammen in der Literatur von Drop-outs zwischen 40 und 70% berichtet wird. - Entwicklungsstand der Kinder
Das Psychoeducational Profile- Revised (PEP-R, Entwicklungs- und Verhaltensprofil für Kinder) ist ein speziell für autistische Kinder entwickeltes Verfahren zur Überprüfung des Entwicklungstands in 7 Bereichen. Während die Kinder in der 6-monatigen Wartezeit „normaler“ Förderung sich im Durchschnitt um 1,8 Monate weiterentwickelten, konnten sie in der Therapiephase im Durchschnitt 12,6 Monate Entwicklung aufholen. - Entwicklung der Intelligenz
Zur Überprüfung der Intelligenz wurde der SON-R 2½-7 eingesetzt, ein sprachfreier Intelligenztest für Kinder von 2;6 bis 7;11 Jahren. Nach der Förderung im BFA konnten die Kinder im Durchschnitt 9 IQ-Punkte aufholen, in der Wartezeit dagegen nur 2 IQ-Punkte. Doppelt so viele Kinder, genau 33% der Kinder lagen nach dem 8-monatigen BFA im Bereich normaler Intelligenz (vorher: 17%). - Autismussymptomatik
Um zu erheben, wie sich die Autismussymptomatik der Kinder im Verlauf verändert, wurden die beiden als „Gold Standard“ der Autismusdiagnostik geltenden Verfahren, die „Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen ADOS-2“ und das „Diagnostische Interview für Autismus ADI-R“ durchgeführt. Die Ergebnisse des ADOS-2 zeigen, dass die Symptomatik der Kinder nach der Wartezeit im Durchschnitt leicht zunimmt (+1,7 Punkte). Nach der Therapiezeit hingegen sinkt die Autismussymptomatik deutlich ab (-5 Punkte). Abhängig vom Funktionsniveau und dem Alter der Kinder wird dem ADOS-2 Gesamtwert ein Schweregrad autistischer Störung zugeordnet. Nach dem BFA waren nur noch 4 Kinder im Bereich „hoher“ Schweregrad (-50%!) (vorher 8), 6 Kinder lagen jetzt im Bereich „mäßiger“ Schweregrad und erstmal erzielten 2 Kinder Werte im Bereich „niedriger“ Schweregrad, d.h. bei diesen Kindern war die Autismussymptomatik nur noch schwach ausgeprägt. - Interview zur Autismussymptomatik mit den Eltern: ADI-R
Das ADI-R (Diagnostisches Interview für Autismus – Revidiert, 2006) ist ein standardisiertes Interviewverfahren zur Diagnostik der Autistischen Störung, das mit den Eltern durchgeführt wird. Die Ergebnisse des Elterninterviews stimmen zu großen Teilen mit der Beobachtung der Kinder in diversen Testsituationen mit dem ADOS-2 überein: Während sich die Symptomatik in den verschiedenen Bereichen nach der Wartezeit eher verschlechterte, konnte sie nach dem BFA deutlich verbessert werden.
Obwohl das BET wissenschaftlich begleitet wurde, gab es keinen Vergleich mit einer Kontrollgruppe. Der wissenschaftliche Nachweis der Effektivität dieses Programms war daher nicht eindeutig möglich. Einige Kostenträger (Sozialämter) lehnten eine Finanzierung mit dieser Begründung ab. Zwischen 2014 und 2017 führte das IFA daher eine Evaluationsstudie gefördert von der Aktion Mensch durch, in der die Effektivität des Frühtherapieprogramms überprüft werden sollte. Auf Grundlage der jahrzehntelangen Erfahrungen aus dem BET wurde das „Bremer Frühtherapieprogramm Autismus (BFA)“ entwickelt, das bis heute vom IFA angeboten wird.
12 Familien mit Kindern mit Autismus im Vorschulalter nahmen an der 8-monatigen Förderung teil. Eltern und Kinder wurden zu 3 Messzeitpunkten mit umfangreichen Verfahren untersucht. Die Ergebnisse (Lern-, Entwicklungserfolge, Intelligenz, Sprachfähigkeit, Veränderungen der Autismussymptomatik, Elternkompetenz) der im BFA geförderten Familien werden mit denen der (bislang) nicht behandelten Kontrollgruppe verglichen (Veränderungen in der Zeit vor dem BFA, in der noch keine Intensivförderung stattfand). Damit soll die Effektivität des Programms belegt werden.